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Alle Beiträge der Kategorie: Aus dem Leben

Hallo Hamburg (Teil 5: Aushilfe gesucht)

Die Stadtrundführung endete schließlich in der Speicherstadt. Von dort aus habe ich dann einen Abstecher in die Hafencity gemacht, wie uns die Stadtführerin zum Ende hin empfahl. Auf halbem Wege dorthin hat sich mir allerdings hinterlistig ein Crêpestand in den Weg geworfen. Dem hab’ ich’s aber gezeigt und einfach einen Crêpe weggefuttert. Ha!

Die Hafencity ist ein altes, seit längerem ungenutztes Hafengebiet, welches sich allmählich in ein innenstadtnahes Gewerbeviertel verwandelt. Im Gegensatz zur Speicherstadt gab es hier keine erhaltenswerten Gebäude, sodass alles neu aus dem Boden gestampft wurde und noch eine ganze Zeit wird. Derzeit wirkt das alles noch sehr surreal. Luxusgebäude grenzen an Baugruben, die wiederum an brach liegende Flächen grenzen. Irgendwo dazwischen ein improvisierter Parkplatz und eine U-Bahn-Station im Nirgendwo.

Blick auf einen bereits fertiggestellten Teil der Hafencity (mal abgesehen von dem Gebäude ganz hinten)

Blick auf einen bereits fertiggestellten Teil der Hafencity (mal abgesehen von dem Gebäude ganz hinten)

Danach habe ich mich auf den Weg zurück zur Innenstadt gemacht, um eine warme Mahlzeit zu bekommen, da mich mein Hotel nur mit Frühstück versorgte. Es entwickelte sich im Laufe der Reise immer mehr zu einem Running Gag, dass nahezu jedes Lokal, was ich auf der Stadtkarte oder im Internet fand, mich vor Ort mit einem Hinweisschild empfing, welches mir erklärte, warum man gerade heute geschlossen habe:

  • nur von Montag bis Freitag geöffnet
  • nur von Montag bis Samstag geöffnet (natürlich als Sonntag war)
  • wegen eines Trauerfalls in der Familie geschlossen
  • wegen Betriebsferien geschlossen
  • wegen Personalmangels geschlossen (darunter: Aushilfe drigend gesucht)

Am Samstagabend bin ich dann nach langen Irrwegen im Edelcurry gelandet, einem Restaurant, das vom Pseudo-Wissensmagazin Galileo für die beste Currywurst Deutschlands ausgezeichnet wurde. Was ich bestätigen kann: die verwendete Bratwurst war wirklich die leckerste, die ich in meinem Leben gegessen habe, und auch die Pommes waren ausgezeichnet, obschon ich da bereits Vergleichbares verputzt habe. Die Currysoße fand ich dagegen nur mittelmäßig. Sie war herrlich fruchtig und in der scharfen Variante auch angenehm scharf, aber es fehlte mir einfach die geschmacklich abrundene Würze. Preislich liegt das Edelcurry natürlich über der Pommesbude von nebenan, aber für die Qualität meines Erachtens völlig im Rahmen. Noch ein Tipp, für alle die auch mal in Hamburg sind und das Edelcurry ausprobieren wollen: sonntags geschlossen. 😉

Hallo Hamburg (Teil 4: Slalom unter Wasser)

Nachdem ich derart lange im Botanischen Garten zugebracht hatte, schlug ich mir den geplanten Ausflug nach Blankenese erst einmal aus dem Kopf, da ich am frühen Nachmittag unbedingt an einer Stadtrundführung teilnehmen wollte, die ich in einem Flyer des Hotels gefunden hatte. Auf dem Weg zum Treffpunkt am Rathaus nahm ich noch den alten Elbtunnel mit. Zu meiner Verwunderung kann dieser immer noch mit dem eigenen PKW befahren werden, der per Aufzug nach oben bzw. unten gefahren wird, da es keine Zufahrtsrampen gibt. Jetzt am Wochenende ist er aber für den motorisierten Verkehr regelmäßig gesperrt, damit er die ganzen Touristenscharen bewältigen kann. Die Fahrspur in der Mitte wird dann von slalomfahrenden Radfahrern bevölkert, die wutentbrannt jene Fußgänger anschnauzen, die ohne sich umzusehen auf die Fahrspur ausweichen, um diejenigen Fußgänger zu umgehen, die unvermittelt auf dem schmalen Fußweg stehen bleiben, um sich die Tunnelwände näher anzusehen. Keine gute Stimmung da unten.

Der Blick vom südlichen Tunnelportal in Richtung Innenstadt

Der Blick vom südlichen Tunnelportal in Richtung Innenstadt

Meine Neugier, was mich wohl am südlichen Portal des Tunnels erwarten würde, war überflüssig. Ein fahrender Kiosk, ein paar Sitzbänke mit Elbblick und ansonsten nur trostlose Industriebaracken. Auch die Idee mit Fähre oder Bus zurück in die Innenstadt zu fahren, erwies sich als unsinnig. Die Fähren fahren hier nur unter der Woche und mit dem Bus hätte ich mehrere Stunden gebraucht. Also blieb nichts anderes, als den Tunnel wieder retoure zu laufen, inklusive fluchender Radfahrer.

Mit der U3, die am Wochenende überraschenderweise noch wesentlich voller war als im Berufsverkehr, war die Distanz zum Rathausplatz, von wo aus die Stadtführung starten sollte, schnell überbrückt. Ich fand auch rasch eine größere Ansammlung von Menschen, die auf eine Stadtführung warteten. Als man sich dann gegenseitig befragte, welche Rolle man denn bei der Tour spielen würde und die ersten ihre Rollenbeschreibungskärtchen entgegen nahmen, kamen mir Zweifel, ob das die richtige Stadtführung sein konnte. Ich schnappte noch etwas wie „Mystery Tour“ auf, als ich mich schon zu einer Frau hinüberbegab, die mit einem Schild herumfuchtelte, ebenfalls eine Stadtführung anpreisend. Natürlich war ich hier auch falsch, denn diese Stadtführung war exklusiv für eine Reisegruppe gebucht worden. Als die Stadtführung schon längst hätte anfangen sollen, erblickte ich etwas abseits eine Frau, die mit einem unscheinbaren Klemmbrett bewaffnet, stoisch dastand. Ich fragte sie, ob sie die im Flyer beworbene Stadtführung anböte und sie nickte erfreut und verkaufte mir ihr erstes Ticket für den Tag. Ich regte an, dass sie doch etwas mehr auf sich aufmerksam machen könnte, aber sie entgegnete nur, dass sie notfalls immer noch ihren Regenschirm aufspannen und damit winken könne. Erstaunlicherweise sammelte sich dann aber alsbald ein Grüppchen von einem guten Dutzend Touristen zusammen.

Die Stadtführung erwies sich als unheimlich informativ, die Stadtführerin als gut gelaunt und unsere Gruppe war ein aufgewecktes und interessiertes Trüppchen, abgesehen von den beiden Pubertierenden, welche offenbar von ihren Eltern zu diesem Kulturschock gezwungen wurden. Ein Mann verblüffte die Stadtführerin direkt zu Anfang, als er auf die Frage, welcher Vogel das Hamburger Rathaus ziert, sofort wie aus der Pistole geschossen „ein Phoenix“ zum Besten gab. Seine Frau klärte nach einem Moment der respektvollen Stille auf, dass sie gerade zuvor die Rathausführung gemacht hätten. Später gesellte sich eine Frau mit asiatischem Erscheinungsbild und eigenwilligem Smileymützchen zu mir, die schon seit Jahren in Hamburg wohnte und endlich mal mehr über die Stadt erfahren wollte. Sie fragte mich aus, wo ich denn her käme und ich erwiderte, dass ich aus der anderen wichtigen deutschen Hafenstadt käme, fügte dann auf ihren fragenden Gesichtsausdruck hin noch „Duisburg“ hinzu. „Duisburg? Das liegt doch bei Frankfurt, oder?“ Kind of.

Hallo Hamburg (Teil 3: Pflanzen des Todes)

Es war schon in der Nacht, als ich bei der Freundin aufbrach und mich auf den Rückweg zum Hotel begab. Dabei war ich überrascht wie menschenleer die Innenstadt Hamburgs abseits der Vergnügensviertel selbst am Wochenende ist. Eine Stadt, die niemals schläft, kann sich Hamburg wahrlich nicht nennen. So wurde der Rückweg doch ein wenig unheimlich; vor allem weil ich die letzte Fähre des Tages erwischen musste und man in Hamburg wenig von informativen Schildern hält. So irrte ich von Landungsbrücke zu Landungsbrücke, denn die Schlussfolgerung, dass die Fähre wohl da abgehen wird, wo man am Tage angekommen war, erwies sich als zu einfach gedacht. Sie hielt natürlich an Landungsbrücke 3, bei der man aber vergessen hatte, sie auch als solche auszuschildern.

Blick auf die Landungsbrücken von St. Pauli bei Nacht

Blick auf die Landungsbrücken von St. Pauli bei Nacht

Am nächsten Morgen bin ich nach einem kleinen Elbhüpfer und einem netten Spaziergang im botanischen Garten in Klein Flottbek gelandet. Eigentlich sollte es nur ein kurzer Abstecher auf dem Weg nach Blankenese werden, aber letztlich bin ich etwa vier Stunden da herumgelaufen. Obwohl die Blütenpracht im Herbst erwartungsgemäß mau ausfiel, gab es da ungeheuer viel zu entdecken. Der Nutzpflanzengarten mit vielfältigen Informationen zum Getreideanbau und zur Zucht mit Sorten, von denen ich noch nie etwas gehört habe, das Alpinum mit verschlungenen „Gebirgspfaden“ und plätschernden Bächlein, der Bambusgarten, und, und, und … Besonders interessant fand ich übrigens das hier:

Diese Pflanzen tun nur so harmlos …

Diese Pflanzen tun nur so harmlos …

Was hier wie ein bisschen harmloses Gestrüpp daherkommt, ist in Wirklichkeit der Giftpflanzengarten. Alles was dort herumsteht ist giftig bis hochgiftig und die regelmäßigen Hinweisschilder auf die Rufnummer vom Giftnotruf nicht grundlos aufgestellt. Die Aufnahme von Pflanzenbestandteilen des unten abgebildeten Sadebaums führen beispielsweise zu Übelkeit, Herzrhythmusstörungen, Leberschäden, Krämpfen, Nierenschäden und -blutungen. Bereits bei einer Einnahme von 5 g der Zweigspitzen oder 6 Tropfen des Öls verstirbt man ohne medizinische Hilfe innerhalb von einem halben bis wenigen Tagen an zentraler Lähmung.

Der Sadebaum — schon in geringen Mengen tödlich

Der Sadebaum — schon in geringen Mengen tödlich

Etwas irritierend fand ich die Tatsache, dass im botanischen Garten auch Kinder spielten und der Giftpflanzengarten in keinster Weise abgezäunt war. Für alle genervten Eltern hätte ich da also einen Geheimtipp. 😀

Hallo Hamburg (Teil 2: Der Endpunkt des Kreises)

Mein Hotel in Hamburg lag etwas abseits in der Nähe von Finkenwerder und so musste ich von Altona aus noch eine ganze Weile mit dem Bus rausfahren. Unser Busfahrer hatte zwischendurch beinahe eine Haltestelle übersehen, konnte aber durch eine spontane Vollbremsung die Situation retten. Nachdem sich alle Fahrgäste wieder gerade hingesetzt und ich meinen 2 Meter durch die Luft geflogenen Koffer wieder zurückgeholt hatte, konnte die Fahrt durch die Hafengebiete und Vororte von Hamburg weitergehen.

Ausblick auf die Elbe; fast wie der Rhein, nur größere Schiffe

Ausblick auf die Elbe; fast wie der Rhein, nur größere Schiffe

Im Hotel nur schnell eingerichtet, einen kurzen Moment die schöne Aussicht auf die Elbe genossen, dann Rucksack geschnappt und ab zum Fähranleger; schließlich will jede Minute genutzt sein. Die Fähre erwies sich langfristig als beste Möglichkeit um in die Innenstadt und wieder zurück zu kommen. Die Schiffe waren recht zügig unterwegs, hatten wenige Zwischenstopps und fuhren auch am Wochende im 30-Minuten-Takt. Hier in Duisburg freut man sich ja schon, wenn eine Buslinie unter der Woche so häufig verkehrt. Beim Anlegen der Fähre musste man immer etwas zurückgehen, da die Schiffe immer parallel und recht flott an den Anleger fuhren, sodass sie eine Welle vor sich herschoben, die dann auf den Ponton hochschwappte. Man erkannte so immer, wer zum ersten Mal mit der Fähre fuhr.

An den Landungsbrücken von St. Pauli angekommen, hatte ich noch etwas Zeit, bevor ich mich am späten Nachmittag mit einer Freundin getroffen habe, die seit einigen Jahren in Hamburg wohnt. Um Hamburg erst einmal kennenzulernen, habe ich mich für die Audiotour mit der Ringlinie U3 entschieden. Die Audiotour hat man vor einigen Jahren mal vom Hamburger Verkehrsverbund erstellt, und man kann sie sich kostenlos herunterladen. Man steigt einfach in die U3 ein, die größtenteils als Hochbahn durch Hamburg verläuft, und wählt an jeder Station den nächsten Track an. Leider ist das vielfach nicht so sonderlich eindrucksvoll. Entweder man ist im Tunnel und man bekommt erzählt, was denn jetzt über einem zu sehen wäre, oder man sieht die betreffenden Gebäude nur von der wenig schönen Rückfront, oder das Sichtfeld wird von Bäumen oder Baugerüsten versperrt.

Als ich die Hälfte der Runde bereits hinter mir hatte, hieß es dann unerwartet: „Endstation. Bitte alle aussteigen.“ Moment mal. Eine Endstation auf einer Ringlinie? Wie ich erfahren musste, gibt es noch einen ganz kleinen Streckenast im Nordosten, in den die U3 hin und wieder abbiegt. Und ich hatte natürlich genau solch eine Bahn erwischt.

Hallo Hamburg (Teil 1: Tanze Samba mit mir)

Wenn ich eine Reise plane, dann sieht das zumeist wie folgt aus. Etwa ein halbes Jahr vorher kommt mir der Gedanke: „Du könntest ja in den Ferien mal wieder verreisen.“ Vielleicht habe ich sogar eine ungefähre Vorstellung, wo es hingehen könnte. Dann passiert erst einmal gar nichts mehr. Man hat ja noch andere, wichtigere Dinge zu erledigen und bis zu den Ferien ist es ja auch noch lange hin. In Richtung Ferien wird es dann auf der Arbeit immer hektischer, und so habe ich am Ferienanfang mich immer noch um nichts gekümmert.

So war es auch diesmal nicht anders. Erst zum Ferienbeginn angefangen, Angebote zu studieren. Sonntag gebucht. Dienstag wurde die Buchung bestätigt. Am gleichen Tag noch die Zugtickets gekauft. Reiseunterlagen kamen am Donnerstag. Freitagmorgen ging es los nach Hamburg. Man muss den Begriff „Last Minute“ auch mal wörtlich nehmen.

Mehrfach wurde ich gefragt: „Warum denn ausgerechnet Hamburg?“ Da ich in den Herbstferien noch einige andere Dinge zu erledigen hatte, wollte ich nur für ein verlängertes Wochenende wegfahren; da bieten sich Städtereisen in nicht allzu entfernte Orte an. In Berlin war ich nun schon zweimal, in München hatte ich aktuell Angst vor den Massen an Realitätsflüchtlingen und Hamburg habe ich noch überhaupt nicht gesehen, obwohl mir das schon mehrfach empfohlen wurde.

Blick auf die Innenstadt Hamburgs vom Elbufer in Steinwerder.

Blick auf die Innenstadt Hamburgs vom Elbufer in Steinwerder.

Da die Sparangebote der Deutschen Bahn für die Hinfahrt bereits erschöpft waren, habe ich mal den Hamburg-Köln-Express, kurz HKX, ausprobiert. Der HKX ist immer eine Ecke günstiger als die DB, dafür bekommt man Abteilwagen mit 60er-Jahre-Charme, knarzender Verkleidung und dicker Staubschicht von außen. Die Sitze waren wahnsinnig bequem, aber die Beinfreiheit ist durch die enge Vis-a-vis-Anordnung eingeschränkt. Die Reservierung des Sitzplatzes ist im Gegensatz zur Bahn gratis, dafür nimmt man beim HKX nicht unwesentliche Zusatzgebühren für sicherere Zahlungsmöglichkeiten.

Der Zug war, wie an einem Freitag zu erwarten, gut ausgebucht, und die Reisenden aus Münster und Osnabrück ohne Reservierung mussten mit den Stehplätzen auf dem Gang vorlieb nehmen. Leider trafen bei uns im Wagen eine Gruppe junger Frauen mit einer Gruppe Männern mittleren Alters zusammen, die alle schon ganz ordentlich vorgeglüht hatten und deren erklärtes Ziel es war, den Zug laut eigener Ansage in einen Sambaexpress zu verwandeln. Von Osnabrück bis Hamburg dröhnte der Ghettoblaster aus vollem Rohr und eine Bierdose nach der nächsten wurde durchgereicht. Yeah!