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Hallo Hamburg (Teil 4: Slalom unter Wasser)

Nachdem ich derart lange im Botanischen Garten zugebracht hatte, schlug ich mir den geplanten Ausflug nach Blankenese erst einmal aus dem Kopf, da ich am frühen Nachmittag unbedingt an einer Stadtrundführung teilnehmen wollte, die ich in einem Flyer des Hotels gefunden hatte. Auf dem Weg zum Treffpunkt am Rathaus nahm ich noch den alten Elbtunnel mit. Zu meiner Verwunderung kann dieser immer noch mit dem eigenen PKW befahren werden, der per Aufzug nach oben bzw. unten gefahren wird, da es keine Zufahrtsrampen gibt. Jetzt am Wochenende ist er aber für den motorisierten Verkehr regelmäßig gesperrt, damit er die ganzen Touristenscharen bewältigen kann. Die Fahrspur in der Mitte wird dann von slalomfahrenden Radfahrern bevölkert, die wutentbrannt jene Fußgänger anschnauzen, die ohne sich umzusehen auf die Fahrspur ausweichen, um diejenigen Fußgänger zu umgehen, die unvermittelt auf dem schmalen Fußweg stehen bleiben, um sich die Tunnelwände näher anzusehen. Keine gute Stimmung da unten.

Der Blick vom südlichen Tunnelportal in Richtung Innenstadt

Der Blick vom südlichen Tunnelportal in Richtung Innenstadt

Meine Neugier, was mich wohl am südlichen Portal des Tunnels erwarten würde, war überflüssig. Ein fahrender Kiosk, ein paar Sitzbänke mit Elbblick und ansonsten nur trostlose Industriebaracken. Auch die Idee mit Fähre oder Bus zurück in die Innenstadt zu fahren, erwies sich als unsinnig. Die Fähren fahren hier nur unter der Woche und mit dem Bus hätte ich mehrere Stunden gebraucht. Also blieb nichts anderes, als den Tunnel wieder retoure zu laufen, inklusive fluchender Radfahrer.

Mit der U3, die am Wochenende überraschenderweise noch wesentlich voller war als im Berufsverkehr, war die Distanz zum Rathausplatz, von wo aus die Stadtführung starten sollte, schnell überbrückt. Ich fand auch rasch eine größere Ansammlung von Menschen, die auf eine Stadtführung warteten. Als man sich dann gegenseitig befragte, welche Rolle man denn bei der Tour spielen würde und die ersten ihre Rollenbeschreibungskärtchen entgegen nahmen, kamen mir Zweifel, ob das die richtige Stadtführung sein konnte. Ich schnappte noch etwas wie „Mystery Tour“ auf, als ich mich schon zu einer Frau hinüberbegab, die mit einem Schild herumfuchtelte, ebenfalls eine Stadtführung anpreisend. Natürlich war ich hier auch falsch, denn diese Stadtführung war exklusiv für eine Reisegruppe gebucht worden. Als die Stadtführung schon längst hätte anfangen sollen, erblickte ich etwas abseits eine Frau, die mit einem unscheinbaren Klemmbrett bewaffnet, stoisch dastand. Ich fragte sie, ob sie die im Flyer beworbene Stadtführung anböte und sie nickte erfreut und verkaufte mir ihr erstes Ticket für den Tag. Ich regte an, dass sie doch etwas mehr auf sich aufmerksam machen könnte, aber sie entgegnete nur, dass sie notfalls immer noch ihren Regenschirm aufspannen und damit winken könne. Erstaunlicherweise sammelte sich dann aber alsbald ein Grüppchen von einem guten Dutzend Touristen zusammen.

Die Stadtführung erwies sich als unheimlich informativ, die Stadtführerin als gut gelaunt und unsere Gruppe war ein aufgewecktes und interessiertes Trüppchen, abgesehen von den beiden Pubertierenden, welche offenbar von ihren Eltern zu diesem Kulturschock gezwungen wurden. Ein Mann verblüffte die Stadtführerin direkt zu Anfang, als er auf die Frage, welcher Vogel das Hamburger Rathaus ziert, sofort wie aus der Pistole geschossen „ein Phoenix“ zum Besten gab. Seine Frau klärte nach einem Moment der respektvollen Stille auf, dass sie gerade zuvor die Rathausführung gemacht hätten. Später gesellte sich eine Frau mit asiatischem Erscheinungsbild und eigenwilligem Smileymützchen zu mir, die schon seit Jahren in Hamburg wohnte und endlich mal mehr über die Stadt erfahren wollte. Sie fragte mich aus, wo ich denn her käme und ich erwiderte, dass ich aus der anderen wichtigen deutschen Hafenstadt käme, fügte dann auf ihren fragenden Gesichtsausdruck hin noch „Duisburg“ hinzu. „Duisburg? Das liegt doch bei Frankfurt, oder?“ Kind of.

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