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Alle Beiträge der Kategorie: Reisen

Kein Fels in der Brandung

Im März 2004 war ich für eine Woche auf Malta und habe von dort einen Tagesausflug zur Insel Gozo unternommen. Im Rahmen der Busrundreise durfte natürlich auch nicht ein Abstecher zum Azure Window fehlen, ein im Laufe der Jahrmillionen entstandener Felsbogen, der ins Mittelmeer ragt. Damals erzählte unsere Fremdenführerin, dass man erwarte, das Azure Window würde in den nächsten 30 Jahren einstürzen und sie daher nicht wisse, wie oft sie noch mit Touristen hierher kommen würde. Ich habe das damals als eine Touristen-Anekdote abgetan. Ein so gewaltiger Felsbrocken (man vergleiche mit der Person oben auf dem Felsen), der Millionen Jahre überdauert hat, verschwindet wohl nicht mal so eben in ein paar Jahren.

Azure Window auf Gozo, März 2004

Am 8. März 2017 ist das Azure Window vollständig eingestürzt.

Hallo Hamburg (Teil 6: Keine Polonäse in Blankenese)

Am Sonntagvormittag habe ich dann meinen Ausflug nach Blankenese nachgeholt, den ich am Vortag nicht mehr unterbringen konnte. Blankenese ist ein Stadtteil im Westen Hamburgs, wird vorwiegend von Senioren bewohnt und liegt an einem Hang, der kreative Zugänge zu den Häusern erforderte. Die meisten Gassen sind nicht mit dem Auto befahrbar, sondern muss man zu Fuß über unzählige Treppen erklimmen, weshalb dieser Teil von Blankenese passenderweise als Treppenviertel bezeichnet wird.

Blick auf das Treppenviertel von Blankenese

Blick auf das Treppenviertel von Blankenese

Eigentlich war mir Blankenese als touristischer Hotspot verkauft worden, aber jetzt um 11 Uhr war der Ort nahezu ausgestorben. Wenn man von den Personen absieht, die mit mir im Bus den Bahnhof erreichten und sich alsbald in alle Himmelsrichtungen verteilten, war die erste Bewohnerin, die mir zehn Minuten später im Treppenviertel über den Weg lief, eine Katze, die sich gerade aufwärts mühte. Ich grüßte recht freundlich. Die übrigen Bewohner hatten sich entweder noch nicht aus dem Haus getraut oder saßen in einer der unzähligen Bäckerstuben über einer Tasse Kaffee.

Am Strand von Blankenese

Am Strand von Blankenese

Erst als ich unten am Strand angekommen war, stolperte man vereinzelt über Touristen, die sehnsüchtig vor den Cafés und Restaurants auf deren Öffnung warteten. Ein dem Akzent nach sächsisches Dreiergespann in den 60ern konnte schließlich einen staubsaugenden Wirt überzeugen, ihnen doch schon ein Heißgetränk zu servieren, obwohl das Café noch geschlossen hatte.

Ein schwimmendes Café am Strand von Blankenese

Ein schwimmendes Café am Strand von Blankenese

Ich folgte vom Strand aus den Hinweisschildern hinauf zum Süllberg, vom dem einem ein toller Ausblick versprochen wurde. Nach unzähligen Stufen und Steigungen oben angekommen, musste ich jedoch feststellen, dass die gesamte Aussichtskuppe im Besitz eines Ausflugslokals war, das einem jeglichen Blick versperrte. Also bin ich einen guten Kilometer weiter nach Westen gelaufen, wo sich laut Karte noch ein zweiter Aussichtspunkt befinden sollte. Die Aussicht war, wie auf dem Foto zu erkennen, durch die vielen hohen Bäume leider auch nicht wirklich atemberaubend.

Ausblick von einem Hügel neben dem Süllberg

Ausblick von einem Hügel neben dem Süllberg

Auf dem Rückweg wollte ich den Bus zurück zum Bahnhof nehmen, musste allerdings feststellen, dass die Linie 48 als Schnellbus nicht vom meinem Tagesticket abgedeckt war. Der Begriff Schnellbus ist hier übrigens ironisch zu verstehen, da der Kleinbus an jeder dritten Haustür hält und nur einen kleinen Ring in Blankenese befährt. Eigentlich scheint es nur darum zu gehen, den eher älteren Touristen, die die Treppen allenfalls abwärts meistern, die Brieftasche etwas zu erleichtern. Also bin ich gelaufen.

Fazit: Blankenese ist ein charmanter Ortsteil, der im Sommer mit einem Sandstrand lockt, aber ansonsten eigentlich nichts zu bieten hat außer Cafés und Restaurants.

Hallo Hamburg (Teil 5: Aushilfe gesucht)

Die Stadtrundführung endete schließlich in der Speicherstadt. Von dort aus habe ich dann einen Abstecher in die Hafencity gemacht, wie uns die Stadtführerin zum Ende hin empfahl. Auf halbem Wege dorthin hat sich mir allerdings hinterlistig ein Crêpestand in den Weg geworfen. Dem hab’ ich’s aber gezeigt und einfach einen Crêpe weggefuttert. Ha!

Die Hafencity ist ein altes, seit längerem ungenutztes Hafengebiet, welches sich allmählich in ein innenstadtnahes Gewerbeviertel verwandelt. Im Gegensatz zur Speicherstadt gab es hier keine erhaltenswerten Gebäude, sodass alles neu aus dem Boden gestampft wurde und noch eine ganze Zeit wird. Derzeit wirkt das alles noch sehr surreal. Luxusgebäude grenzen an Baugruben, die wiederum an brach liegende Flächen grenzen. Irgendwo dazwischen ein improvisierter Parkplatz und eine U-Bahn-Station im Nirgendwo.

Blick auf einen bereits fertiggestellten Teil der Hafencity (mal abgesehen von dem Gebäude ganz hinten)

Blick auf einen bereits fertiggestellten Teil der Hafencity (mal abgesehen von dem Gebäude ganz hinten)

Danach habe ich mich auf den Weg zurück zur Innenstadt gemacht, um eine warme Mahlzeit zu bekommen, da mich mein Hotel nur mit Frühstück versorgte. Es entwickelte sich im Laufe der Reise immer mehr zu einem Running Gag, dass nahezu jedes Lokal, was ich auf der Stadtkarte oder im Internet fand, mich vor Ort mit einem Hinweisschild empfing, welches mir erklärte, warum man gerade heute geschlossen habe:

  • nur von Montag bis Freitag geöffnet
  • nur von Montag bis Samstag geöffnet (natürlich als Sonntag war)
  • wegen eines Trauerfalls in der Familie geschlossen
  • wegen Betriebsferien geschlossen
  • wegen Personalmangels geschlossen (darunter: Aushilfe drigend gesucht)

Am Samstagabend bin ich dann nach langen Irrwegen im Edelcurry gelandet, einem Restaurant, das vom Pseudo-Wissensmagazin Galileo für die beste Currywurst Deutschlands ausgezeichnet wurde. Was ich bestätigen kann: die verwendete Bratwurst war wirklich die leckerste, die ich in meinem Leben gegessen habe, und auch die Pommes waren ausgezeichnet, obschon ich da bereits Vergleichbares verputzt habe. Die Currysoße fand ich dagegen nur mittelmäßig. Sie war herrlich fruchtig und in der scharfen Variante auch angenehm scharf, aber es fehlte mir einfach die geschmacklich abrundene Würze. Preislich liegt das Edelcurry natürlich über der Pommesbude von nebenan, aber für die Qualität meines Erachtens völlig im Rahmen. Noch ein Tipp, für alle die auch mal in Hamburg sind und das Edelcurry ausprobieren wollen: sonntags geschlossen. 😉

Hallo Hamburg (Teil 4: Slalom unter Wasser)

Nachdem ich derart lange im Botanischen Garten zugebracht hatte, schlug ich mir den geplanten Ausflug nach Blankenese erst einmal aus dem Kopf, da ich am frühen Nachmittag unbedingt an einer Stadtrundführung teilnehmen wollte, die ich in einem Flyer des Hotels gefunden hatte. Auf dem Weg zum Treffpunkt am Rathaus nahm ich noch den alten Elbtunnel mit. Zu meiner Verwunderung kann dieser immer noch mit dem eigenen PKW befahren werden, der per Aufzug nach oben bzw. unten gefahren wird, da es keine Zufahrtsrampen gibt. Jetzt am Wochenende ist er aber für den motorisierten Verkehr regelmäßig gesperrt, damit er die ganzen Touristenscharen bewältigen kann. Die Fahrspur in der Mitte wird dann von slalomfahrenden Radfahrern bevölkert, die wutentbrannt jene Fußgänger anschnauzen, die ohne sich umzusehen auf die Fahrspur ausweichen, um diejenigen Fußgänger zu umgehen, die unvermittelt auf dem schmalen Fußweg stehen bleiben, um sich die Tunnelwände näher anzusehen. Keine gute Stimmung da unten.

Der Blick vom südlichen Tunnelportal in Richtung Innenstadt

Der Blick vom südlichen Tunnelportal in Richtung Innenstadt

Meine Neugier, was mich wohl am südlichen Portal des Tunnels erwarten würde, war überflüssig. Ein fahrender Kiosk, ein paar Sitzbänke mit Elbblick und ansonsten nur trostlose Industriebaracken. Auch die Idee mit Fähre oder Bus zurück in die Innenstadt zu fahren, erwies sich als unsinnig. Die Fähren fahren hier nur unter der Woche und mit dem Bus hätte ich mehrere Stunden gebraucht. Also blieb nichts anderes, als den Tunnel wieder retoure zu laufen, inklusive fluchender Radfahrer.

Mit der U3, die am Wochenende überraschenderweise noch wesentlich voller war als im Berufsverkehr, war die Distanz zum Rathausplatz, von wo aus die Stadtführung starten sollte, schnell überbrückt. Ich fand auch rasch eine größere Ansammlung von Menschen, die auf eine Stadtführung warteten. Als man sich dann gegenseitig befragte, welche Rolle man denn bei der Tour spielen würde und die ersten ihre Rollenbeschreibungskärtchen entgegen nahmen, kamen mir Zweifel, ob das die richtige Stadtführung sein konnte. Ich schnappte noch etwas wie „Mystery Tour“ auf, als ich mich schon zu einer Frau hinüberbegab, die mit einem Schild herumfuchtelte, ebenfalls eine Stadtführung anpreisend. Natürlich war ich hier auch falsch, denn diese Stadtführung war exklusiv für eine Reisegruppe gebucht worden. Als die Stadtführung schon längst hätte anfangen sollen, erblickte ich etwas abseits eine Frau, die mit einem unscheinbaren Klemmbrett bewaffnet, stoisch dastand. Ich fragte sie, ob sie die im Flyer beworbene Stadtführung anböte und sie nickte erfreut und verkaufte mir ihr erstes Ticket für den Tag. Ich regte an, dass sie doch etwas mehr auf sich aufmerksam machen könnte, aber sie entgegnete nur, dass sie notfalls immer noch ihren Regenschirm aufspannen und damit winken könne. Erstaunlicherweise sammelte sich dann aber alsbald ein Grüppchen von einem guten Dutzend Touristen zusammen.

Die Stadtführung erwies sich als unheimlich informativ, die Stadtführerin als gut gelaunt und unsere Gruppe war ein aufgewecktes und interessiertes Trüppchen, abgesehen von den beiden Pubertierenden, welche offenbar von ihren Eltern zu diesem Kulturschock gezwungen wurden. Ein Mann verblüffte die Stadtführerin direkt zu Anfang, als er auf die Frage, welcher Vogel das Hamburger Rathaus ziert, sofort wie aus der Pistole geschossen „ein Phoenix“ zum Besten gab. Seine Frau klärte nach einem Moment der respektvollen Stille auf, dass sie gerade zuvor die Rathausführung gemacht hätten. Später gesellte sich eine Frau mit asiatischem Erscheinungsbild und eigenwilligem Smileymützchen zu mir, die schon seit Jahren in Hamburg wohnte und endlich mal mehr über die Stadt erfahren wollte. Sie fragte mich aus, wo ich denn her käme und ich erwiderte, dass ich aus der anderen wichtigen deutschen Hafenstadt käme, fügte dann auf ihren fragenden Gesichtsausdruck hin noch „Duisburg“ hinzu. „Duisburg? Das liegt doch bei Frankfurt, oder?“ Kind of.

Hallo Hamburg (Teil 3: Pflanzen des Todes)

Es war schon in der Nacht, als ich bei der Freundin aufbrach und mich auf den Rückweg zum Hotel begab. Dabei war ich überrascht wie menschenleer die Innenstadt Hamburgs abseits der Vergnügensviertel selbst am Wochenende ist. Eine Stadt, die niemals schläft, kann sich Hamburg wahrlich nicht nennen. So wurde der Rückweg doch ein wenig unheimlich; vor allem weil ich die letzte Fähre des Tages erwischen musste und man in Hamburg wenig von informativen Schildern hält. So irrte ich von Landungsbrücke zu Landungsbrücke, denn die Schlussfolgerung, dass die Fähre wohl da abgehen wird, wo man am Tage angekommen war, erwies sich als zu einfach gedacht. Sie hielt natürlich an Landungsbrücke 3, bei der man aber vergessen hatte, sie auch als solche auszuschildern.

Blick auf die Landungsbrücken von St. Pauli bei Nacht

Blick auf die Landungsbrücken von St. Pauli bei Nacht

Am nächsten Morgen bin ich nach einem kleinen Elbhüpfer und einem netten Spaziergang im botanischen Garten in Klein Flottbek gelandet. Eigentlich sollte es nur ein kurzer Abstecher auf dem Weg nach Blankenese werden, aber letztlich bin ich etwa vier Stunden da herumgelaufen. Obwohl die Blütenpracht im Herbst erwartungsgemäß mau ausfiel, gab es da ungeheuer viel zu entdecken. Der Nutzpflanzengarten mit vielfältigen Informationen zum Getreideanbau und zur Zucht mit Sorten, von denen ich noch nie etwas gehört habe, das Alpinum mit verschlungenen „Gebirgspfaden“ und plätschernden Bächlein, der Bambusgarten, und, und, und … Besonders interessant fand ich übrigens das hier:

Diese Pflanzen tun nur so harmlos …

Diese Pflanzen tun nur so harmlos …

Was hier wie ein bisschen harmloses Gestrüpp daherkommt, ist in Wirklichkeit der Giftpflanzengarten. Alles was dort herumsteht ist giftig bis hochgiftig und die regelmäßigen Hinweisschilder auf die Rufnummer vom Giftnotruf nicht grundlos aufgestellt. Die Aufnahme von Pflanzenbestandteilen des unten abgebildeten Sadebaums führen beispielsweise zu Übelkeit, Herzrhythmusstörungen, Leberschäden, Krämpfen, Nierenschäden und -blutungen. Bereits bei einer Einnahme von 5 g der Zweigspitzen oder 6 Tropfen des Öls verstirbt man ohne medizinische Hilfe innerhalb von einem halben bis wenigen Tagen an zentraler Lähmung.

Der Sadebaum — schon in geringen Mengen tödlich

Der Sadebaum — schon in geringen Mengen tödlich

Etwas irritierend fand ich die Tatsache, dass im botanischen Garten auch Kinder spielten und der Giftpflanzengarten in keinster Weise abgezäunt war. Für alle genervten Eltern hätte ich da also einen Geheimtipp. 😀