Über einen Eintrag bei KnowYourMeme bin ich auf eine ungewöhnliche Geschichte und ein seltsames Video aufmerksam geworden, die bis heute Rätsel aufgeben.
Die Geschichte
Am 14. Juli 2009 veröffentlichte ein anonymer Benutzer auf dem Paranormal-Board (/x/) von 4chan eine etwas längere Erzählung, die ich möglichst originalgetreu vom Englischen ins Deutsche übersetzt habe:
Hallo. Diese Sache passierte mir vor einigen Monaten, ich muss es einfach mit jemandem teilen.
Alles begann auf der Party eines meiner Freunde. Er ist ein Künstler, der ein Loft in einem Industriegebiet der Stadt gemietet hat. Wenn du dir vorstellen kannst, wie es im Detroit der 1920er Jahre ausgesehen hat – so sah das Gebiet aus. Eine Reihe alter Fabriken von der Jahrhundertwende hineingezwängt in zehn Blocks. Die meisten davon verlassen. Jedenfalls habe ich an diesem Abend ein bisschen zu heftig gefeiert und entschloss, mich auf die Couch hinzuhauen. Ich wachte um etwa 4 Uhr morgens auf, die Sonne war noch nicht aufgegangen, aber man konnte schon einiges im dämmrigen, blauen Licht erkennen, ich ging zum Badezimmer, vorsichtig auf Zehenspitzen um die Leute herumlaufend, die auf dem Boden eingeschlafen waren. Als ich pinkelte, stellte ich mich auf meine Zehenspitzen, um aus dem Badezimmerfenster zu blicken und sah das Panorama des verwaisten, städtischen Zerfalls. Ich erinnerte mich, wie ich solche Orte mochte, es war dunkel und leblos, und ungewöhnlich ruhig. So ging ich also zurück zur Couch und versuchte noch etwas zu schlafen. Nachdem ich 45 Minuten an die Decke gestarrt hatte, beschloss ich, dass ich nicht mehr länger hier bleiben wollte; so legte ich meinen Stolz ab und beschloss meine Freundin aufzuwecken, um zu betteln, dass sie mich abholen komme, da Umherlaufen in den leeren Straßen zu dieser Zeit keine Option war. Sie war eine fantastische Freundin, für sie ging das klar und sie sagte mir, sie wäre in einer halben Stunde da und dass sie mich anrufen würde, sobald sie da wäre. Meinem Telefon ging nach zehn Minuten der Saft aus und so beschloss ich mich neben das Fenster zu setzen und nach ihrem Auto Ausschau zu halten. Ich saß eine Weile dort und meine Augen wurden allmählich schwer und ich begann wegzudösen. Ein krachendes Geräusch ließ mich aufwachen. Es war nicht laut, aber gerade genug, um mich in die Realität zurückzuholen. Ich sah aus dem Fenster und musterte die Umgebung, aber ich konnte niemanden sehen. Auf der anderen Seite der Straße, neben einem Haufen Müllbeuteln und einem dieser enormen Müllcontainer sah ich einen auf den Boden geworfenen Computer und einen Monitor, die zuvor noch nicht da gewesen waren.
Eine Minute später postet der anonyme Autor den nächsten Teil:
Als meine Freundin ankam, ging ich hinunter und grüßte sie, und gerade als ich dabei war ins Auto einzusteigen, erinnerte ich mich, dass einer meiner Freunde sein Netzteil geschrottet hatte, weshalb ich entschloss, hinüber zum Müllhaufen zu gehen, und zu schauen, was ich erbeuten könnte. Der Monitor war wertlos, aber der Tower schien kaum beschädigt, also lud ich ihn in den Kofferraum und wir fuhren davon.
Etwa eine Woche war vergangen und ich hatte den Tower bereits komplett vergessen, als mich eines Tages meine Freundin anrief, um mir mitzuteilen, dass er immer noch im Kofferraum war und sie ihn da raus haben wollte. An diesem Abend brachte ich ihn nach Hause und bevor ich ihn zerlegte, beschloss ich, ihn mit meinem Monitor zu verbinden, um zu sehen, ob er immer noch lief und zu meiner Überraschung tat er es. Es war ein XP-Betriebssystem und es sah so aus, als wäre er bereinigt worden. Ich denke wirklich aus krankhafter Neugier, beschloss ich, nach Wörtern wie „porn“, „tits“ und „pussy“ zu suchen, in der Hoffnung ein geheimes Versteck voll mit bizarren, abartigen Pornos zu finden, die der Vorbesitzer vergessen hatte. Die Suche ergab keine Treffer. Suchte nach Bilddateien – nichts. Dann suchte ich nach Videos und eine Datei erschien. Es war ein .avi in einem Ordner namens „barbie“ versteckt im WINDOWS/system32-Verzeichnis. Also spielte ich es ab …
Nun, das ist der Moment, an dem es extrem verstörend wurde.
Abermals eine Minute später veröffentlichte er den vorerst letzten Teil:
Der Film war etwa eine Stunde lang und wirkte wie exportiertes Rohmaterial. Das Filmmaterial zeigte diese Frau, die auf einem Stuhl vor einem weißen Hintergrund sitzt, und erzählt. Ich sprang durch den Großteil des Films und es war alles die gleiche Aufnahme. Dann beschloss ich das ganze Material zu sichten, um herauszufinden, worüber sie sprach … etwa fünfzehn Sekunden nach dem Start wird der Ton unheimlich schlecht und ihre Stimme versinkt in einem grellen Störgeräusch / Hintergrundgeräusch. Ich konnte nichts verstehen. So importierte ich das Material in Final Cut und versuchte mit den Pegeln zu spielen, um ihre Stimme zu isolieren, es half ein wenig, aber ich konnte trotzdem nicht hören, was sie sagte. Nun ist meine Neugier geweckt … und ich beginne genau auf ihr Gesicht und ihre Körpersprache zu achten. Es wirkt so, als würden ihre einige Fragen gestellt, weil sie hin und wieder unterbricht, um zuzuhören, und dann weiter spricht. 15 Minuten nach dem Anfang beginnt sie zu erröten und ihr Gesicht zu verzerren, als ob ihr die Fragen unangenehm seien … Aber sie fährt trotzdem damit fort, sie zu beantworten. Kurz danach beginnt sie zu weinen. Sie schluchtzt hysterisch für die Dauer des Films. Eines der wenigen Wörter, die ich von den Lippen ablesen konnte, war „Haut“. Sie wiederholt dieses Wort mehrere Male verteilt über die gesamte Aufnahme und an einer Stelle zieht sie sogar an der Haut ihres Armes und bildet mit den Lippen das Wort. Sie scheint unglücklich mit ihrer Haut zu sein.
Da ist noch viel mehr, was ich loswerden muss, aber es wird spät und ich kann nicht weitermachen. Ich werde den Rest morgen mit euch teilen. Gott beschütze meine Seele.
Offenbar braucht unser anonyme Autor nicht sonderlich viel Schlaf, denn bereits zweieinhalb Stunden später schreibt er weiter …
Es baute sich immer weiter auf und nach etwa 40 Minuten war sie so stark am Weinen, dass sie kaum noch in die Kamera schauen konnte. Sie hört auf, zu erzählen, und für die restliche Zeit zeigt das Material nur noch, wie sie mit gesenktem Kopf weint. Ungewöhnlicher Weise steht sie nicht auf oder bewegt sich … dann wird das Bild schwarz. Ich war verdammt fassungslos. Ich habe das ganze Ding mehrere Male in dieser Nacht abgespielt, um Beugungen und Nuancen in ihrer Bewegung zu finden, die enthüllen könnten, was da vor sich ging. Ich fühlte mich so unbefriedigt, ich wollte mehr wissen.
Das war der Moment, in dem ich bemerkte, dass noch 10 Minuten in der Zeitleiste verblieben, nachdem das Bild schwarz wurde, und nach etwa 2 Minuten war da weiteres Filmmaterial. Das Material war extrem verwackelt, beinahe unansehbar, und zeigte ein Paar Beine, die Gleise entlang liefen. Ich schätze, dass die Kamera versehentlich angelassen wurde, während sie irgendwo hingetragen wurde. Die Person in dem Video läuft entlang der Eisenbahntrasse für ungefähr 6 Minuten und biegt dann in den Wald ab und läuft über etwas, das aussieht wie Laub, abgedeckt mit einem Stück Sperrholz. Die Person läuft auf dieser behelfsmäßigen Straße aus Sperrholz weiter bis der Filmclip endet.
Wieder geht es nach einer Minute weiter:
Nun begann mein Herz vor Aufregung zu pochen, weil einige Meilen entfernt eine Eisenbahntrasse verlief, die sehr ähnlich aussah wie die in dem Video. Ich MUSSTE das einfach überprüfen. Ich rief meinen Freund Ezra an, er ist 1,93 m groß, 113 kg schwer, hauptsächlich Muskeln und ich überzeugte ihn, mit mir auf ein kleines Abenteuer zu gehen. Ich bin selbst kein Schwächling, aber ich meinte, wenn ich im Wald umher wandere, nach was-weiß-ich suche, könnte ein bisschen zusätzliche Muskelmasse nicht schaden. Diese gesamte Idee das Video zu untersuchen, hatte mich so aufgeregt, dass ich nicht schlafen konnte.
Am nächsten Morgen, an einem sonnigen Samstag, nahm ich meine Taschenlampe, meine Kamera und mein 18 cm langes Ka-Bar mit einem matt-schwarzen Finish und gezackten Kanten und holte Ezra ab. Als ich an seinem Haus ankam, war er noch nicht wach. Als ich ihn aufweckte, gab er mir zu verstehen, dass ich mich verpissen sollte. Ich war bereits startklar und hatte mich mental darauf vorbereitet, also entschloss ich, ohne ihn weiterzumachen. Ich parkte mein Auto am Bahnhof, nahm meine Sachen und sprang auf diese Gleise. Nachdem ich etwa zwei Stunden gelaufen war, sah ich ein zerbrochenes Stück Sperrholz und ich bekam vor Begeisterung weiche Knie. Ich durchsuchte das umliegende Laub und da war es, eine kleiner Pfad aus Sperrholz, der in den Wald führte. Ich lief den Pfad langsam entlang, aufmerksam auf alles achtend. Ich stoppte dann und wann, kniete mich hin und horchte auf irgendwas oder irgendwen … aber es war so ruhig. Das war eines der nervenaufreibensten Dinge, die ich je getan habe. Ich wusste nicht, was mich am Ende des Pfades erwarten würde.
Und noch einmal eine Minute später:
Die dichte Baumreihe wich einer kleinen Insel aus grasigem Feld, und dann sah ich es – Es war ein Haus, das aussah, als wäre es vom Wald verschlungen worden. Dem Aussehen nach hatte dort niemand für die letzten 20 vielleicht 30 Jahre gelebt. Ich nahm meine Kamera und machte ein paar Bilder. Einige Meter abseits des Hauses war ein Werkzeugschuppen aus rostigem Blech. Ich saß einfach da zwischen den Bäumen für eine Weile, alles in mich aufnehmend. Ich wollte nicht hinaus in das offene Feld gehen, ich hatte das dumme Gefühl, dass irgendetwas mich sehen könnte. Es dauerte eine Weile, bis ich den Mut zusammenzubringen konnte, zum Haus hinüber zu gehen. Die Tür war halboffen, ich drückte sie mit der Taschenlampe hinein und war erleichtert, dass der Innenraum tatsächlich sehr gut ausgeleuchtet war. Ich packte meine Taschenlampe weg, nahm meine Kamera und machte ein paar Bilder. Da waren keine Möbel, der Boden war übersät mit Ziegelsteinen und Holz und Schutt, und ein paar der Wände hatte große Löcher. Als ich zur Erkundung weiter hinein ging, sah ich einige Dinge, denen ich in diesem Moment keine größere Bedeutung zumaß, aber mich nun, da ich darüber nachdenke, beunruhigen.
Wieder eine Minute folgt der letzte Teil:
Die erste Sache, die ein bisschen ungewönlich erschien, war, dass eine der Türen im ersten Raum, von der ich vermutete, dass sie zum Keller führt, ein bisschen zu neu für dieses Haus wirkte, und dass es die einzige Tür im Haus war, die verschlossen war. Als ich mich auf den Weg zur ersten Etage machte, sah ich außerdem einige Stühle und einen Klapptisch, die ebenfalls ein bisschen zu neu wirkten, um dort zu sein. Aber was mich aus irgendeinem Grund am meisten beunruhigte, war das Badezimmer. Der Staub vom Spiegel war weggewischt worden und in der Badewanne sah ich eine durchsichtige Plastikplane, die immer noch einige Wassertröpfchen darauf hatte von dem Moment, so nehme ich an, als sie gesäubert wurde. Das war der Zeitpunkt als ich etwas wirklich laut ächtzen hörte und ich aus dem Fenster im ersten Stock springe und zurück zu den Gleisen gerannt bin. Auf halben Wege kam mir die Erkenntnis, dass das Ächtzen am ehesten ein Wasserrohr war, dass sich ausgedehnt oder zusammengezogen hatte, und dieser kurze Moment der Beruhigung wich dem Schrecken, den ich empfand, als ich mich fragte, warum in einem verlassenen Haus in mitten eines verdammten Waldes Wasser laufen würde. Es sind etwas mehr als 2 Monate vergangen, seit das passiert ist und ich war weder dahin zurückgegangen, noch plane ich es.
Bereits auf den ersten Blick erscheint die Erzählung wie eine mittelmäßige, fiktionale Gruselgeschichte. Während Emotionen und die Szenerie blumig und detailverliebt dargestellt und unwesentliche Fakten sehr präzise aufgeführt werden, fehlen geradezu alle relevanten Informationen. Es bleibt offen, wo sich das ganze zugetragen haben soll (nicht mal das Land wird genannt). Der Autor weiß zwar noch, dass er das Haus an einem sonnigen Samstag aufsuchte, aber ein Datum wird nicht angegeben. Er erkannte sofort die Eisenbahntrasse wieder, machte aber keine Angaben, wo sich diese befinden soll. Und so weiter.
Nachdem auch viele Reaktionen im Originalthread eher skeptisch ausfielen, postete der Autor einige wenige Bilder vom vermeintlichen Haus und später noch einzelne Screencaps vom Video, die jedoch heute nicht mehr im Original erhalten sind. Anfragen nach einem Upload des Videos oder weiteren Informationen wich der Autor aus oder er ging erst gar nicht darauf ein. Als schließlich jemand die Screencaps einem französischen Film namens „Albert souffre“ von 1992 zuordnete und der Autor schon eine Weile nichts Neues mehr gepostet hatte, schlief die Sache relativ schnell wieder ein. Im Web findet man einige Hinweise, dass die gleiche Geschichte mit geringfügig veränderten Details kurze Zeit später noch einmal in einem französisch-sprachigen Forum aufgetaucht ist, das heute allerdings nicht mehr exisitert.
Das Video
Am 9. August des gleichen Jahres lud dann ein Benutzer namens „xenopasta“ auf YouTube drei Videos mit den Titeln barbie.avi [9:20 min], barbie.avi (part 2) [5:30 min] und barbie.avi (part 4) [2:09 min] hoch. Die drei Videos zeigen offenbar das zuvor beschriebene Videomaterial mit jener Frau. Das erste Video enthält als Kommentar den Link zum 4chan-Post, das dritte Video weist im Kommentar darauf hin, dass der dritte Teil bislang noch nicht hochgeladen worden sei. Seitdem wurden keine weiteren Videos mehr auf dem Kanal hochgeladen. Geht man nach der Aussage aus dem 4chan-Thread, fehlen noch über 40 Minuten vom Originalvideo.
Gegenüber der Beschreibung aus dem 4chan-Thread gibt es folgende Abweichungen:
- Der Hintergrund ist nicht weiß, sondern beige. Dies hatte der Original-Poster jedoch selbst noch korrigiert, nachdem er den ersten Screencap hochgeladen hatte.
- Es handelt sich nicht um eine durchgehende Aufnahme. An einigen Stellen wurde erkennbar geschnitten. Vielleicht meinte er aber auch nur, dass das Setting stets das gleiche bleibt.
- Die Emotionen der Frau schwanken zwischen fröhlich und neutral, nur an einzelnen Stellen kann man ggf. ein leicht verzerrtes Gesicht ausmachen. Demnach müsste das gesamte Material aus den ersten 15 Minuten stammen. Da die hochgeladenen Sequenzen zusammen schon auf etwas über 15 Minuten kommen, bleibt fraglich, wie der fehlende, dritte Teil dann noch dazwischen passen soll.
- Laut dem Autor handelte es sich um eine einzelne Videodatei. Es bleibt unklar, warum diese in einzelnen, ungleich großen Stücken hochgeladen wurde, von denen man nicht so richtig weiß, wie sie überhaupt zusammengehören.
In den Videodateien befinden sich zudem folgende, außergewöhnliche Frames:
Driekt am Anfang des vermeintlich ersten Teils befindet sich für gut zwei Sekunden die Einblendung „Tracking“ in der unteren Bildhälfte. Wahrscheinlich wurde die Aufnahme direkt am Videoausgang eines analogen Videorecorders abgegriffen, bei dem die Lage der Videospur justiert werden konnte.
Unmittelbar bevor der Film einsetzt, sieht man für den Bruchteil einer Sekunde einen Lizenzhinweis. Es wird die amerkanische Schreibweise „licensed“ anstatt der britischen „licenced“ verwendet.
Direkt am Anfang des vierten Teils befindet sich für etwa eine Sekunde die Einblendung „(BIID)“ in der unteren Bildhälfte. Dem Anschein nach wurde der Text nachträglich digital eingefügt.
In dem Moment, in dem das Bild im vierten Teil aussetzt, kann man zwei Mal kurzzeitig einige Zeichen am rechten, unteren Rand ausmachen. Wahrscheinlich handelt es sich um eine Datumsangabe, wobei „4 10 88“, „4 10 89“, „4 10 98“ oder „4 10 99“ plausibel wären.
Neuere Erkenntnisse
Mittlerweile wurde von verschiedenen Seiten klargestellt, dass das Videomaterial nicht wie behauptet aus dem Film „Albert souffre“ stammt. Der Film ist anders als zuvor oft dargestellt kein Horrorfilm, sondern eine Komödie, in der nicht einmal ansatzweise eine solche Szene vorkommt.
Die Einblendung BIID könnte als Abkürzung für Body Integrity Identity Disorder stehen, eine nur wenig erforschte psychische Störung, bei der die Betroffenen den dringenden Wunsch verspüren, körperlich behindert zu sein. Dies kann im Zusammenhang mit Xenomelie stehen, dem Erleben, dass bestimmte Gliedmaßen fremd sind und nicht zum eigenen Körper gehören. Erleichterung erfahren die Betroffenen im besten Fall dadurch, eine Behinderung zu simulieren oder sich Gliedmaßen wegzubinden, um die Behinderung zu erleben; im äußersten verletzen sie ihre Gliedmaßen in der Hoffnung, dass diese amputiert werden müssen.
In den letzten Einstellungen des vierten Videos (einmal unmittelbar vor dem Aussetzen des Bildes und einmal direkt am Ende der Videodatei) scheint die unbekannte Frau ihren rechten Arm nach oben in den Bereich der Kamera zu bewegen, wobei es so wirkt, als sei der rechte Arm bis über den Ellenbogen amputiert worden. Zwei weitere Bilder kursieren durchs Web, auf denen die Amputation vorgeblich deutlicher zu erkennen ist. Sie stammen jedoch nicht aus den hochgeladenen Teilen des Videos und ihre Herkunft bleibt im Dunkeln.
Meine Analyse
Die Erzählung aus dem 4chan-Board besitzt keinerlei belastbare Fakten. Sie kann real sein, sie kann aber auch frei erfunden sein, oder irgendetwas dazwischen. Als einzig belastbares Material verbleibt somit nur das Video. Inhaltlich bietet das Video wenig: eine Frau vor monotonem Hintergrund, die etwas erzählt, was aufgrund der schlechten Audioqualität komplett unverständlich bleibt, die raucht, die am Ringfinger einen Ring trägt, also vielleicht verheiratet ist, Frisur und Kleidung entstammen früheren Jahrzehnten.
Ich habe mich daher mit den Störungen des Filmmaterials intensiver auseinandergesetzt. Zuerst einmal ist da ein Hintergrundrauschen, das typisch für gealterte Magnetbänder ist. Es entsteht durch fortwährende, schwache Magnetisierung der Bänder aufgrund natürlicher Magnetfelder. Man hört es im Audiokanal als durchgehendes Brummen und man sieht es im Videokanal als ausblutende Farben. Die meisten Videoformate nutzten nur sehr geringe Bandbreiten für den Audiokanal und den Farbkanal, während dem Helligkeitssignal viel Bandbreite eingeräumt wurde und das dementsprechend weniger anfällig dafür ist. Interessant ist das Verhalten des Hintergrundrauschens an Bildschnitten. Im ersten Video bleibt das Rauschen konstant, während sich bei Schnitten im zweiten und dritten Teil meist die Qualität des Rauschens verändert. Für mich ist das ein Indiz, dass die Schnitte im ersten Teil bereits vorhanden waren, als das Video auf Band aufgespielt wurde, während die anderen Schnitte offenbar später angefertigt wurden.
Desweiteren ist der Audiokanal regelmäßig übersteuert, offenbar weil er ohne Begrenzung nachträglich stark verstärkt wurde. Hinzu kommt eine Art Halleffekt, dessen Herkunft ich mir nicht so richtig erklären kann. Vermutlich wurde er später digital dort eingerechnet. Zuletzt bemerkt man noch eine mangelnde Synchronität zwischen Video- und Audiokanal. Dies entsteht typischerweise beim digitalen Konvertieren von Videos, wenn eine falsche Bildwiederholrate eingestellt wurde und das Video somit zu schnell oder zu langsam gegenüber dem Ton abläuft. Auffällig ist hier, dass sich der Synchronitätsfehler an den mutmaßlich später eingefügten Schnitten ändert, sodass die Schnitte offensichtlich ebenfalls danach eingefügt wurden.
Ich halte daher folgende Ereigniskette für plausibel: Das Videomaterial wurde in einer ersten Schnittfassung auf ein Magnetband aufgezeichnet. Dabei könnte es sich um eine Art Lehrvideo handeln, welches bspw. die erwähnte psychische Störung thematisiert und sich an angehende oder fortbildende Psychologen richtet. Als das Videoband bereits starkt gealtert war, wurde es digitalisiert, dabei allerdings der Ton übersteuert und die Synchronität von Video und Audio nicht beachtet. Entweder wurde dies bewusst herbeigeführt oder (mit Bezug zur Geschichte) es war eine Fehlkonvertierung, die nicht weiter verwendet wurde und daher in einem temporären Verzeichnis vergessen wurde (wobei das system32-Verzeichnis eigentlich kein Ort für die Ablage temporärer Dateien ist). Auf jeden Fall wurde das Video (bzw. die beiden letzten Teile davon) aber später nochmal einmal bewusst neu geschnitten.
Meine Hyptohese
Aufgrund meiner Analyse gehe ich davon aus, dass der Poster oder eine ihm nahestehende Person das Video bewusst an mehreren Stellen nachträglich geschnitten und ggf. zusätzlich verfremdet hat. Vermutlich hätte der Rest des Videos oder einige der gesprochenen Sätze nicht mehr so ganz zur Geschichte gepasst. Von daher vermute ich, dass die Geschichte größtenteils erfunden ist. Möglich ist, dass der Poster tatsächlich das Video auf einem alten Rechner entdeckt hat, aber er könnte das Video auch selbst digitalisiert haben. Ich gehe aber stark davon aus, dass es zu dem Video ein älteres Original gibt, aus dem Szenen entnommen wurden. Es könnte sein, dass das Originalvideo auch noch ganz andere Szenen enthielt und hier krampfhaft alle Szenen zusammengesucht wurden, die die Frau zeigen. Das würde auch die Unterteilung in verschiedene Videodateien erklären und warum nur gut 15 Minuten des angeblich einstündigen Videos veröffentlicht wurden. Um die Hypothese zu bestätigen, wäre es natürlich interessant, das besagte Originalvideo zu finden, aber aufgrund der vermutlich geringen Verbreitung könnte sich das auch in Zukunft schwierig gestalten.