Blog

ein Webangebot von rotering-net.de

Kryptorätsel: Die Notizzettel von Ricky McCormick

Am 30. Juni 1999 entdeckte eine Frau, die einen Feldweg in der Nähe der Ortschaft West Alton (ca. 25 km nördlich der Innenstadt von St. Louis, Missouri) befuhr, in einem Maisfeld die Leiche eines Mannes. Die Leiche war bereits im Stadium der Verwesung; die Behörden konnten jedoch anhand der Fingerabdrücke den vorbestraften Ricky McCormick als Verstorbenen identifizieren. Offizielle Angaben zur Todesursache konnte ich nicht finden; die Angaben auf diversen Internetseiten widersprechen sich häufig. Das FBI stufte den Fall eindeutig als Mord ein, konnte bis heute jedoch keinen Täter ermitteln. Auch das Motiv der Tat ist bislang völlig unklar.

Kartenausschnitt von St. Louis (der blaue Marker zeigt die Position von West Alton), CC-BY-SA, OpenStreetMap-Mitwirkende

Zur Person

Ricky McCormick wurde am 14. Juni 1958 geboren. In der Schule hatte er große Leistungsdefizite, musste die Schule ohne Abschluss abbrechen. Danach hielt er sich mit Gelegenheitsjobs und Invalidenzuwendungen über Wasser, da er unter chronischen Herzproblemen und Asthma litt. Im Jahr 1992, im Alter von 34 Jahren, wurde McCormick verhaftet. Ihm wurde Geschlechtsverkehr mit einem Kind vorgeworfen. Während des Verfahrens stellte sich heraus, dass McCormick eine mehrjährige Beziehung zu einer anfangs 11-Jährigen führte und in dessen Verlauf mit ihr zwei Kinder gezeugt hatte. Seine Pflichtverteidigerin beantrage ein Gutachten, das klären sollte, ob McCormick überhaupt zurechnungsfähig sei. Das Gutachten bejahte dies. McCormick bekannte sich schuldig und er wurde zu 3 Jahren Haft verurteilt. Nach 13 Monaten wurde er auf Bewährung entlassen.

Danach mehren sich die Hinweise, dass McCormick eventuell auf die schiefe Bahn geriet und vielleicht in Drogengeschäfte verwickelt war und als Drogenkurier fungierte. Kurz vor seinem Tod hat er wenigstens zwei kurze Reisen per Bus nach Orlando, Florida unternommen. Seine damalige Freundin mutmaßte, dass er von dort Marihuana nach St. Louis befördert haben könnte. Nach seinem letzten Trip, den er am 15. Juni 1999 antrat, soll er sehr verängstigt gewirkt haben. Am 22. Juni begab sich McCormick ins Barnes-Jewish-Krankenhaus, da er unter Herzschmerzen und Kurzatmigkeit litt. Die Ärzte konnten einen Herzinfarkt ausschließen, behielten ihn aber zur Beobachtung zwei Tage dort. Nach seiner Entlassung am 24. Juni stattete er seiner Tante einen kurzen Besuch ab. Am späten Nachmittag des folgenden Tages begab er sich erneut ins Krankenhaus, diesmal ins Forest-Park-Krankenhaus. Er klagte über Atemprobleme, was die Ärzte als einfachen Asthmaanfall diagnostizierten und ihn nach knapp einer Stunde wieder entließen. Ob er allerdings tatsächlich das Krankenhaus verließ oder, wie seine Tante vermutete, noch die Nacht in den Warteräumen des Krankenhauses verbrachte, ist unklar. Seine Freundin will zuletzt am 26. Juni noch kurz mit McCormick telefoniert haben. Außerdem behauptete ein Tankstellen­­mitarbeiter, McCormick im Lauf des 27. Juni gesehen zu haben. Der 27. Juni wurde von den Behörden auch als der wahrscheinlichste Todestag McCormicks angesehen.

Ablichtung des ersten Notizzettels, Federal Bureau of Investigation, gemeinfrei

Die zwei Notizzettel

Nachdem der Fall längst aus dem öffentlichen Bewusstsein verdrängt war, wandte sich im Jahr 2011 das FBI überraschend an die Medien. Bei der Untersuchung der Leiche habe man damals in McCormicks Taschen zwei Notizzettel mit kryptischen Buchstaben- und Zahlenfolgen gefunden, von denen man sich Hinweise auf den Täter oder das Motiv erhoffte. Ein Jahrzehnt lang haben sich Experten beim FBI erfolglos darum bemüht, die Notizen zu entschlüsseln oder ihnen einen Sinn zu geben. 2009 band man dann einige zusätzliche, externe Kryptographen ein. Ebenfalls ohne Erfolg. Nun hoffte man mit der Veröffentlichung um Hinweise aus der Bevölkerung. Die kamen zwar so zahlreich, dass das FBI kaum hinterher kam, aber etwas sachdienliches war offenbar nicht dabei.

Abblichtung des zweiten Notizzettels, Federal Bureau of Investigation, gemeinfrei

Unklar ist auch, ob die Notizen überhaupt von McCormick selbst angefertigt wurden. Das FBI geht davon aus. Sie stuft McCormick zwar als wenig gebildet ein, er hätte aber Lesen und Schreiben können und eine gewisse Cleverness besessen. Außerdem hätte er bereits seit seiner Kindheit verschlüsselte Notizen angefertigt; keiner aus seiner Familie hätte aber gewusst, wie diese zu lesen seien. Seine Mutter, die von den Notizen erst 2011 aus den Medien erfuhr, bezeichnete Ihren Sohn in einem Interview von 2012 dagegen als zurückgeblieben und meinte, er hätte kaum seinen Namen schreiben können. Sie hätte dem FBI damals außerdem nur gesagt, dass er als Kind sinnlose Buchstaben auf Zettel gekrizelt habe, was das FBI als verschlüsselte Notizen missinterpretiert hätte. Möglich wäre also auch, dass er den Zettel von jemand anderem erhalten hat, zu seiner Information oder um ihn an einen Dritten zu überbringen.

Entschlüsselungsversuche

Bis heute gibt es keine öffentlich bekannten, ernstzunehmenden Vorschläge für eine Entschlüsselung oder Decodierung der Notizzettel. Kryptologen sind sich aber recht einig, dass die Notizzettel sinnvolle Informationen enthalten und nicht einfach nur unsinnige Aneinanderreihungen von Buchstaben und Zahlen sind. Dafür weist der Text zu viele sich wiederholende Muster und sinnvolle, sprachähnliche Strukturen auf. Untersucht hat man unter anderem die Interpretation als Adressen bzw. Ortsangaben, Kundendaten, Medikationspläne oder Rezepturen – ohne Erfolg.

Quellen

Keine Kommentare zu „Kryptorätsel: Die Notizzettel von Ricky McCormick“

Einen neuen Kommentar schreiben:


Du kannst folgende XHTML-Tags in deinem Kommentar verwenden:
<a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>
Erfahre mehr über das Formatieren von Kommentaren …

Alle Kommentare werden automatisiert vor- und manuell nachkontrolliert. Bitte beachte daher vor dem Absenden deines Kommentares die Richtlinie zur Veröffentlichung von Kommentaren.

*

Mit dem Absenden deines Kommentars erklärst du dich damit einverstanden, dass die oben von dir eingegebenen Informationen einschließlich deiner aktuellen IP-Adresse verarbeitet und gespeichert werden. Dein Name und die URL werden zusammen mit deinem Kommentar veröffentlicht. Ein Hashwert deiner E-Mail-Adresse wird über eine TLS-gesicherte Verbindung an den Gravatar-Dienst übermittelt, um ein ggf. dort hinterlegtes Profilbild abrufen zu können.
Erfahre mehr darüber in der Datenschutzerklärung …